Beschreibung der ausgeführten Tätigkeiten
Woche 1
Am 01.11.2019 beginnt eine neue spannende Zeit für mich: Mein erster
Praktikumstag an einem deutschen Sprachinstitut am anderen Ende der Welt – in
Kolumbien. Als erstes erfahre ich alles Organisatorische: ich muss ein Visum
und eine „Cédula“ (kolumbianischer Personalausweis) beantragen, kranken-
und rentenversichert werden, usw... Danach bekomme ich eine Führung durch das
Haus und lerne meine MitarbeiterInnen kennen. Es überrascht mich ein
aufgeschlossenes Team, eine Mischung aus Deutschen, die in Bogotá leben und
Kolumbianern, die Mal in Deutschland gelebt haben. Eins haben sie alle
gemeinsam: Sie lieben die deutsche Sprache und Kultur und lieben es diese zu vermitteln.
Das trifft sich gut, denn das Institut untergliedert sich in zwei Bereiche: den
akademischen und den kulturellen und ist darum bemüht den SchülerInnen beide
gleichermaßen nahezubringen. Ich bin im akademischen Bereich tätig, das heißt
meine Aufgabe ist die deutsche Sprachvermittlung. Mir wird erklärt, welche
Aufgaben im Laufe meines Praktikums auf mich zufallen werden: Anfangs werde ich
in Workshops und Sprachkursen verschiedener Sprachniveaus hospitieren.
Hospitation bedeutet mit dem jeweiligen LehrerIn den Sprachunterricht
durchzuführen, mir Lehrmethoden abzuschauen und selbst Vorschläge einzubringen,
mit dem Ziel möglichst bald selbst Sprachkurse und Workshops zu übernehmen. Zudem
gehören zu meinen Aufgaben regelmäßig Prüfungen auszudrucken und zu korrigieren
und den Konversationsclub sowie die Hausaufgabenbetreuung zu leiten. Damit beginne
ich auch gleich am Nachmittag meines ersten Arbeitstages. Mit Hilfe der
akademischen Leitung bereite ich meinen ersten Konversationsclub vor. Dieser
findet immer mittwochs und freitags Abend statt. Hierbei handelt es sich um ein
Angebot des Instituts für alle Interessierten, die ihr Deutsch aufrechterhalten
bzw. auf Deutsch sprechen üben wollen. Dabei sind die Sprachniveaus der
TeilnehmerInnen immer sehr unterschiedlich und entsprechend ist es schwierig
die Einheit zu planen. Da die Vorbereitungszeit an diesem Tag knapp ist, entscheiden
wir uns für etwas Lockeres. Wir teilen die TeilnehmerInnen in zwei Gruppen auf
und spielen gegeneinander Stadt-Land-Fluss. Danach soll sich jede Gruppe anhand
einer Zeile ihrer Wahl - dieses Spiels - eine Geschichte ausdenken. Zum Schluss
spielen wir noch eine Runde TABU und beenden den Arbeitstag. Ich nehme heute
einige Eindrücke meines ersten Praktikumstages mit: Zum einen bin ich sehr
erleichtert auf ein so nettes Team gestoßen zu sein, in dem ich mich schon
jetzt wohlfühle. Zum anderen stelle ich fest, wie sinnvoll das Konzept des
Konversationsclubs ist, den ich eben mit meiner Kollegin durchgeführt habe. Die
SchülerInnen können hier in einer entspannten Atmosphäre - ohne den Druck
benotet oder sonst auf irgendeine Weise bewertet zu werden - auf Deutsch
sprechen, Fehler machen und verbessert werden und somit ihre Deutschkenntnisse
verbessern. Falls ich eines Tages meine eigene Sprachschule eröffnen sollte,
würde ich dieses Konzept auf jeden Fall miteinbringen.
Am zweiten Tag fange ich an Prüfungen auszudrucken und anschließend
zusammenzutackern. Eine monotone Arbeit, die von den PraktikantInnen für die
LehrerInnen durchgeführt wird. Außerdem beginne ich mit der Hospitation eines
Beginnerkurses A1. Wir behandeln folgende Themen: die Konjugation des Verbes sein und führen eine Hörverstehensaufgabe durch. Außerdem sollen die Schüler
einen kurzen Text verfassen und zuletzt Sprechen üben, indem sie sich
vorstellen und anderen KursteilnehmerInnen Fragen stellen wie zum Beispiel: Wie
heißen Sie?, Wo wohnen Sie?, Woher kommen Sie?, Wo arbeiten Sie?, Wie lange
brauchen Sie im Stadtvekehr? und Wie fahren Sie zur Arbeit?. Bei der Hospitation führe ich wie im Seminar Ethnografie Theorie und Praxis gelernt, eine teilnehmende Beobachtung durch. Jedoch untersuche ich nichts Spezifisches, denn ich habe keine Forschungsfrage, der ich nachgehe. Diese Hospitation unterscheidet sich daher von der Übung des Seminars Sprache und sprachliche Bildung im multilingualen Raum, als ich zwei
Deutsch als Zweitsprache Kurse - an der LEA und an der Agnes von Hohenstaufen Schule - besuchte und Lehrerpersönlichkeiten und wie sich diese auf den Lernerfolg auswirken untersuchte und anschließend protokollierte. Durch
die Hospitation in diesem A1-Kurs merke ich außerdem, wie schwierig die Idee des Sprachinstituts
immer mit den SchülerInnen auf deutsch zu sprechen, durchzuführen ist. Zudem lerne ich wie wichtig es - bei diesem niedrigen Sprachniveau – ist, mit den
SchülerInnnen sehr langsam und deutlich auf deutsch zu sprechen und dass der LehrerIn
möglichst viel Mimik und Gestik benutzten sollte, um den SchülerInnen das
Verstehen zu vereinfachen. Dennoch haben manche SchülerInnen manchmal
Verständnisprobleme und der LehrerIn muss in die L1 (Spanisch) der SchülerInnen
switchen. Nur so kann selbst der schwächste SchülerIn dem Unterricht folgen. Also findet Code-Switching, wie im Seminar Mehrsprachigkeit, Individuum, Gesellschaft besprochen, statt. Dem Institut ist dieses Problem durchaus bewusst, darum setzt es gezielt
Spanisch-MuttlersprachlerInnen als LehrerInnen der niedrigen
Sprachniveaus - A1 und A2 – ein, während
es die Deutsch-MuttlersprachlerInnen in die Kurse der höheren Sprachniveaus (B1
– C1) einsetzt, wo sie schon deutlich weniger in die L1 der SchülerInnen
switchen müssen und die Idee des Instituts nur auf deutsch zu sprechen durchaus
durchführen können. Das liegt an dem breiteren Wortschatz und dem bereits
erworbenen Sprachgefühl der SchülerInnen der höheren Sprachniveaus. Die SchülerInnen sind 16+ Jahre alt. Ich bemerke, dass sie - wie im Seminar Einführung in die Mehrsprachigkeitsforschung angeschnitten - eher explizit, zum Beispiel über Grammatikregeln, lernen (DeKeyser & Larson-Hall, 2005). Am Abend übernehme ich die
Hausaufgabenbetreuung. Es ist nur ein interessierter Schüler gekommen, der
zunächst schüchtern ist. Er möchte gerne Sprechen üben, denn das sei seine
größte Schwäche. Also spreche ich viel mit ihm. Anfangs ist er sehr aufgeregt
und macht viele grammatikalische Fehler und hat Lexikalücken. Ich reagiere
geduldig und gelassen darauf und motiviere ihn, dass er doch super Deutsch
sprechen könne. Das führt tatsächlich zu einer Steigerung seiner Leistung, im
Laufe der Stunde wird er immer besser, weil er sich mehr traut und seine
Aufregung mit der Zeit schwindet. Er freut sich gekommen zu sein und ich freue
mich ihm geholfen zu haben. Als guter Deutsch als Fremdsprache-LehrerIn sollte
man sich nun überlegen, wie man jedem Einzelnen seiner SchülerInnen diese
Geduld, Aufmerksamkeit und Motivation schenken kann, wenn es sich um eine
größere Gruppe handelt.
Am nächsten Tag stecke ich in der Haut des Schülers, denn nun sitze ich in
einem Spanischkurs und muss auf der Fremdsprache denken und sprechen. Es ist
ein Angebot, das uns das Institut bietet. So haben wir die Möglichkeit unser
Spanisch kostenlos zu verbessern. Der Kurs besteht heute nur aus mir und einer
anderen Teilnehmerin sowie dem Lehrer. Wir üben die richtige Einsetzung von Konnektoren.
Der Spanischkurs bereitet mir großen Spaß. Im Anschluss hospitiere ich in einem
Workshop, der an A2 KursteilnehmerInnen, die Schwierigkeiten haben, gerichtet
ist. Das heutige Thema lautet Relativpronomen mit Präposition im Nominativ,
Akkusativ, Dativ. Der Workshop ist wie jeder freiwillig, zu diesem erscheinen
zwei Schülerinnen, die bald eine schriftliche Prüfung zu dem Thema schreiben
und bestens vorbereitet sein möchten. Bei dieser Hospitation verhalte ich mich
sehr passiv. Der Lehrer hat eine Power-Point Präsentation vorbereitet, in der
er erst die Theorie wiederholt und anschließend sollen die Schülerinnen
Aufgaben dazu lösen, welche daraufhin zusammen korrigiert werden. Der Aufbau
dieser Stunde erscheint mir sinnvoll und vertraut, da Workshops auch im Seminar MultiplikatorInnen ausbilden in solche Phasen eingeteilt wurden und weil auch viele Seminare des Studiums so gestaltet sind.
Viele meiner eigenen Workshops werde ich später auch so durchführen. Am
Abend bereite ich den Konversationsclub mit einer anderen Praktikantin vor. Da
der Tag der deutschen Einheit bevorsteht, entscheiden wir uns über dieses Thema
zu sprechen. Wir drucken einen Artikel über einen jungen Mann aus, der es
damals geschafft hatte über die Grenze zu gelangen. Danach sollen die TeilnehmerInnen
darüber diskutieren und mit aktuellen Geschehnissen vergleichen, wie zum
Beispiel den Mauerbau zwischen den USA und Mexiko und ihre Meinung dazu äußern.
Wie in vielen Seminaren - wie zum Beispiel Kultur und Globalität -,
wurde nun ein Thema angeschnitten und die SchülerInnen sollen ihre Meinung dazu
äußern. Diese Methodik lässt die SchülerInnen kritisch mitdenken und eine
eigene Meinung zu dem genannten Thema bilden. Diese dann auf der Fremdsprache
Deutsch widerzugeben fällt den einen leichter als den anderen, dennoch sollten
alle von der Übung profitiert haben.
Am nächsten Tag bekomme ich gezeigt, wie man Prüfungen korrigiert und
bekomme eine A1-Prüfung, die ich bis Ende der Woche korrigieren soll. Die
Prüfung besteht aus einem Grammatik-, einem Leseverstehens- und einem
Hörverstehensteil sowie einem schriftlichen und mündlichen Teil - der mündliche
Teil wird in der Regel direkt vom Lehrer des entsprechenden Kurses übernommen,
daher bewerte ich diesen Teil in dem Fall nicht -.
Da ich jeden Tag die Prüfungen - die ständig ausgehen - ausdrucke, kenne
ich sie bereits gut. Die Korrektur fällt mir, bis auf den schriftlichen Teil,
leicht. Es fällt mir schwer, diesen zu bewerten, da ich finde, dass es manchmal
komplex ist zu entscheiden, wie viele Punkte ich für eine Kategorie
vergeben sollte. Zum Glück kann ich mich bei Unklarheiten immer an meine
KollegInnen wenden. Je mehr Prüfungen ich schließlich korrigiere, desto
leichter fällt es mir.
Des Weiteren hospitiere ich in zwei weiteren Workshops, die an das A2-Niveau gerichtet sind. Der eine behandelt das Thema Konjugationen im Präsens, Perfekt,
Präteritum und trennbaren Verben. Der andere soll auf eine Zwischenprüfung
vorbereiten. Die Themen Adjektivendungen, Relativpronomen, indirekte Rede,
Personalpronomen im Dativ und das Präteritum werden behandelt. Am
interessantesten ist es für mich, den spanischsprachigen StundentInnen den
Unterschied zwischen Akkusativ und Dativ zu erklären, der ihnen sehr
schwerfällt. Am Abend leite ich wieder den Konversationsclub und meine erste
Woche geht zu Ende.
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